Foto: Tina Umlauf

„Das nutzen, was funktioniert“ – VDR-Chef Böhm fordert eine „Bildungsallianz Mittelstand“

Die schulische Digitalisierung geschieht nicht im luftleeren Raum; ihr Gelingen ist abhängig von den Rahmenbedingungen der einzelnen Bildungseinrichtungen – und hier hake es teilweise gewaltig. Darauf machte Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Realschullehrer und Vorstandsmitglied im Didacta Verband, auf der diesjährigen didacta in Stuttgart aufmerksam: „Das Grundübel, mit dem wir uns gerade rumschlagen müssen, sind die Rahmenbedingungen an den Schulen vor Ort und die werden vieles hemmen.“ Am Stand von AixConcept, dem IT-Dienstleister für Schulen, forderte er im Interview mit Moderator Stefan Malter „einen großen Wumms, um es mit den Worten des Herrn Bundeskanzlers zu sagen“, nämlich eine Verdopplung des Bildungsbudgets.

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Inklusion, Migration, Binnendifferenzierung – das seien alles Herausforderungen, die in den vergangenen Jahren zur Aufgabenpalette von Lehrkräften hinzugekommen seien. „On top können die Lehrkräfte eigentlich nichts mehr leisten. Wir sind am Ende der Belastungsfähigkeit“, fasst Böhm zusammen. Trotzdem seien die Kolleg*innen hochmotiviert, digitale Medien einzusetzen, doch die Technik müsse funktionieren – und das könne nicht auch Aufgabe der Lehrer*innen sein.

Böhm, früher selbst als Realschullehrer und schulischer Systemadministrator tätig gewesen, weiß, wie anspruchsvoll und zeitintensiv es ist, Schul-IT zu managen. Er spricht sich daher für professionelle Unterstützung aus: „Wir müssen den Mittelstand mit reinholen, das ist die Chance unseres Landes.“ Administration, Wartung und Support der Schul-IT lasse sich „locker in die Wirtschaft verlagern“. Besonders vor dem Hintergrund des Lehrkräftemangels sei die Arbeitszeit von Lehrkräften viel zu wertvoll, um sie für etwas anders als pädagogische Tätigkeiten zu nutzen.

Digitalpakt 2.0 für Fortbildungen und IT-Verwaltung

Finanzieren will Böhm die „Bildungsallianz deutscher Mittelstand“ mit Bundesmitteln in Form eines zweiten Digitalpakts, der es Schulen ermöglicht, Weiter- und Fortbildungen sowie IT-Pflege und -Wartung einzukaufen. „Das wäre natürlich ein Traum, wenn wir jedes Jahr ein Budget hätten, einen Digitalpakt, der über einen festgelegten Rahmen an die einzelnen Schulen verteilt werden würde“, um die individuellen Bedarfe zu decken.

Ganz klare Worte findet der Bundesvorsitzende des Verbands Deutscher Realschullehrer auch mit Blick auf die Zukunft der schulischen Digitalisierung in Deutschland: „Wir werden die Digitalisierung nicht voranbringen, wenn wir nicht die Strukturen in unseren Netzen an den Schulen auf einen ordentlichen Stand bringen, und da hilft uns keine Bayern-Cloud oder irgendwas anderes, da helfen uns Spezialisten.“ Anstatt dass jedes Bundesland „auf Teufel kommt raus“ seine eigene Schulcloud-Lösung entwickle, „die dann überhaupt nicht mit dem technischen Stand Schritt halten kann“, sollten Schulen professionelle Lösungen einsetzen können. Es sei nicht Aufgabe des Staates, sich als IT-Entwickler und Systemhaus zu etablieren. „Mein Alternativmodell wäre, das zu nutzen, was funktioniert“, so Böhm, und zwar „ohne den Kolleginnen und Kollegen Angst zu machen mit irgendwelchen datenschutzrechtlichen Verordnungen“.

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