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Digitalpakt first, Bedenken second – fordert der Bundeselternrat im Streit um die Digitalinvestitionen

Die Diskussion um die Zukunft des Digitalpakts Schule hält an. Aktuell steht Aussage gegen Aussage: Während die Bundesländer befürchten, der Bund könnte vollständig aussteigen, heißt es vom Bundesbildungsministerium, es sei kein akutes Förderloch zu befürchten (Lesen Sie hier mehr zum „Streit um den Digitalpakt“). Die ungeklärte Finanzierungsfortsetzung irritiert auch die Lehrkräfteverbände, die sich auf die Seite der Kultusministerkonferenz (KMK) stellen und nun ebenfalls von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Fortsetzung des Digitalpakts fordern. Gleiches gilt für den Bundeselternrat, der sich in einem offenen Brief an die Bundesregierung gewandt hat und sich darin nicht nur für die Fortführung einsetzt, sondern sogar für eine Erhöhung der Digitalinvestitionen. Über die aktuelle Debatte und die Zukunft der schulischen Digitalisierung sprach Einfach.Digital.Lernen. mit der Vorsitzenden des Bundeselternrats Christiane Gotte.

Einfach.Digital.Lernen.: Der Streit zwischen der Kultusministerkonferenz und dem Bundesbildungsministerium ist laut dem Verband Bildung und Erziehung an den Schulen angekommen und sorgt dort für Verunsicherung. Wie nimmt die Elternschaft die Situation derzeit wahr?
Christiane Gotte: Wir haben schon das Gefühl, dass die Entscheidung über den Digitalpakt 2.0 vom Bund geschoben wird. Aus unserer Sicht will man sich mit Blick auf die anderen dringenden schulpolitischen Themen wie den Lehrermangel damit begnügen, mit dem Digitalpakt Schule bei der Digitalisierung den sprichwörtlichen Tropfen auf den heißen Stein gegeben zu haben. Wir haben uns daher mit den Elternvertretungen der Bundesländer zusammengesetzt und gemeinsam einen offenen Brief an die politisch Verantwortlichen geschrieben: vornevorweg die Bundesbildungsministerin und den Bundesfinanzminister. Darin fordern wir ganz klar die Fortsetzung und dauerhafte Finanzierung des Digitalpaktes, und zwar nach dem Motto „Digitalpakt first, Bedenken second!“.

Zunächst einmal nehmen wir einen großen Konflikt zwischen KMK und Bundesbildungsministerium wahr.

Christiane Gotte, Vorsitzende des Bundeselternrats

EDL: Die Bundesbildungsministerin hat versichert, sich mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass der Bund seinen Beitrag zu einem Digitalpakt 2.0 leisten wird, gleichzeitig aber angekündigt, dass dieser kleiner als bisher ausfallen wird. Zukünftig sollen die Länder 50 statt wie bisher zehn Prozent der Finanzierung tragen. Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe kritisiert „diese Verschärfung“ und mutmaßt, dass sie darauf abzielen könnte, „dem Ganzen ein Ende zu setzen“. Wie schätzen Sie die Zukunft der schulischen Digitalisierung ein, wenn der Finanzierungsschlüssel so umgesetzt wird?
Gotte: Zunächst einmal nehmen wir einen großen Konflikt zwischen KMK und Bundesbildungsministerium wahr. Der hat sich ja schon beim Bildungsgipfel rauskristallisiert: Wenn 14 Bildungs- und Kultusminister fernbleiben, ist das schon ein Zeichen. Und dieser Konflikt, so nehmen wir das wahr, wird auch in der Diskussion um den Digitalpakt ausgetragen.

Das Problem bei der angekündigten Finanzierungsänderung ist, dass wenn die Länder 50 Prozent der Digitalpakt-Kosten zu tragen haben, dieses Geld an anderer Stelle im Bildungssystem fehlen wird. Ich glaube aber nicht, dass die Länder das so einfach hinnehmen werden. Allerdings ist die Diskussion darum natürlich der Sache wieder abträglich, weil dieses Pingpong-Spiel – „Du bist verantwortlich“, „nein, du bist verantwortlich“ – das kennen wir schon und da geht nichts voran.

EDL: Schon 2016 hatte der Bundeselternrat gefordert, dass es im Bereich der „Digitalen Bildung“ eine langfristige Strategie geben müsste, die gut zwischen Bund, Ländern und Kommunen abgestimmt ist. Inwiefern hat der Digitalpakt Schule diese Forderung von damals erfüllt?
Gotte: Gar nicht (lacht). Bund und Länder haben sich überhaupt nicht abgestimmt. Das lief nach dem Gießkannenprinzip. Der Bund hat Summe x ausgeschüttet – die war auch recht großzügig, also über die Höhe haben wir nicht meckern können –, hat aber dann die Länder mit der Umsetzung allein gelassen, die wiederum haben die Kreise und Kommunen damit allein gelassen. Das führte schließlich zu der schleppenden Umsetzung des Digitalpakts vor Ort. Ohne zusätzliche Unterstützung waren die Schulträger, die die Bedarfe ihrer Schulen ja in einem Gesamtantrag zusammenfassen mussten, mit der Aufgabe in den meisten Fällen völlig überlastet. Das haben wir auch sehr bemängelt. Hinzu kommt, dass in den Prozess auch nicht alle Beteiligten einbezogen worden sind. Wir sind komplett außen vor gelassen worden, ebenso die Lehrer und Schüler, was wir ebenfalls in den letzten zwei Jahren oft bemängelt haben.

EDL: Welche Erwartungen haben Sie jetzt an die weitere Entwicklung der aktuellen Debatte und an den Digitalpakt 2.0?
Gotte: Wir möchten, dass der Digitalpakt 2.0, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, umgesetzt wird, und zwar entsprechend dem bisherigen Verhältnis, sodass der Bund 90 Prozent der Kosten trägt, weil die Länder nicht mehr leisten können.

Das sind Machtpositionen, da gibt momentan keiner nach.

EDL: Inwiefern erinnert Sie der Streit zwischen KMK und Bundesbildungsministerium an einen Streit unter Geschwistern und was braucht es jetzt, um den aufzulösen?
Gotte (lacht): Auf jeden Fall nicht dieses Mauern, was in der Öffentlichkeit ja auch wahrgenommen wird, wie Ihre Frage zeigt. Das sind Machtpositionen, da gibt momentan keiner nach. Deutlich geworden ist: Trotz der Bildungshoheit der Länder muss es bei bundeweiten Krisensituationen unbedingt eine engere Zusammenarbeit zwischen KMK und Bundesbildungsministerium geben, eine bundeseinheitliche Strategie, die länderspezifische Besonderheiten im Blick behält. Das heißt, wir müssen den Bildungsföderalismus anders ausgestalten. Ohne Grundgesetzänderung können den Weg dahin nur KMK und Bundesbildungsministerium im Dialog finden. Nicht miteinander zu sprechen, hilft also überhaupt nicht weiter. Deshalb hat uns als Bundeselternrat der Boykott des Bildungsgipfels durch die Bildungs- und Kultusminister der Länder auch sehr aufgeregt. Die Situation in der Bildung ist zu dramatisch, um bei so einer groß angelegten Veranstaltung fernzubleiben, nur um ein Zeichen zu setzen. Die Bildungs- und Kultusminister der Länder hätten stattdessen ihre Kritik an der Planung, dass sie beispielsweise nicht einbezogen worden sind, mit dem Angebot verbinden sollen, vor Ort darüber zu sprechen. Das wäre die sinnvollere Reaktion gewesen und ein erster Schritt, um aufeinander zuzugehen.

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