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„Kleines Brot mit großer Wirkung“ – breakfast4kids versorgt Kinder mit Pausenbroten

Mathe, Deutsch und endlich Pause – aber kein Schulbrot im Ranzen. Laut einer 2020 durchgeführten internationalen Studie (IGLU) frühstückt jedes fünfte Kind gar nicht oder nicht ausreichend. Mit knurrendem Magen fällt das Lernen allerdings schwer – und Kinder ohne Pausenmahlzeit fühlten sich oft ausgegrenzt, sagt Achim Monnartz. Er ist Vorsitzender des Vereins breakfast4kids, der genau das ändern will. 2008 im nordrhein-westfälischen Stolberg gegründet versorgt der Verein inzwischen 1.100 Kinder mit Pausenbroten. Mit Einfach.Digital.Lernen. sprach Monnartz über die Anfänge der Vereinsarbeit, logistische Herausforderungen und wie sich die Nachfrage mit der Zeit verändert hat.

Einfach.Digital.Lernen.: Nicht viele, die eine Not erkennen, handeln auch. Was hat Sie und Ihre Freunde veranlasst, den Verein breakfast4kids zu gründen?

Achim Monnartz: Der Auslöser war ein Besuch in einem Kinderheim, in dem ein Freund von mir Jugendliche betreut hat, die ganz, ganz schlimme Dinge und extreme Gewalt erlebt hatten. Ich war eingeladen und saß in einem Raum, in dem sieben Kinder wohnten. In diesem Moment ist alles irgendwie über mich gekommen: Sieben Kinder mussten sich ein Zimmer teilen und mit einem Fernseher zurechtkommen. Meine Kinder hatten jeder einen eigenen Fernseher, ein eigenes Handy und dazu noch eine Playstation. Und als ich in dem Heim das dunkelgrün-braun gekachelte Badezimmer sah – wie bei meinen Eltern in den Siebzigern –, stand für mich fest: Ich mache irgendwann, wenn es mir gut geht und ich die nötige Zeit habe, etwas für Kinder. Das war Anfang 2007.

EDL: Dann ist noch einige Zeit bis zur Gründung des Vereins vergangen. Was passierte bis 2008?

Monnartz: In dem Jahr hat sich ein erweiterter Freundeskreis zusammengetan, und schnell stand der Entschluss, einen Verein zu gründen mit der Idee: „Uns geht’s gut – wir wollen etwas Gutes tun. Lasst uns doch Gelder generieren, die wir Menschen in der Dritten Welt spenden.“ Für den Verein waren sieben Gründungsmitglieder nötig, und so kam ich ins Spiel. „Ach, nee, ich hab zu viel zu tun“, war meine erste Antwort, als sie mich baten, mitzumachen. Doch sie ließen nicht locker. Ende 2008 haben wir dann den Verein gegründet – aber anders als geplant. Damals ging es in der deutschen Presse oft um das Thema „Hungrige Kinder in Deutschlands Schulen“. Und so entschieden wir, mit der Hilfe vor der eigenen Haustür anzufangen: mit breakfast4kids.


Der Bedarf an Pausenbroten ist viel größer geworden. Es kommen immer mehr Kinder hungrig in den Unterricht.

– Achim Monnartz, 1. Vorsitzender des Vereins breakfast4kids

EDL: Wie haben die Schulen auf Ihr Angebot reagiert?

Monnartz: Die Leiterin der ersten Schule hat uns den Start sehr schwer gemacht: Acht mal mussten wir Brot, Belag und Verpackung ändern, bis wir zwölf Kinder der Schule mit unseren selbstgeschmierten Pausenbroten versorgen durften. Nichts war ihr gut genug. Wir hätten fast aufgegeben. Heute bin ich der Schulleiterin für ihre Strenge dankbar. Mit ihr haben wir es geschafft, hohe Qualitätsstandards zu erreichen.

EDL: Und heute?
Monnartz: Unsere Pausenbrote sind mit Frischem und Gesundem belegt, einzeln verpackt in Papiertüten, auf denen draufsteht, was drin ist. Unser Angebot hat sich längst rumgesprochen, und heute bitten uns Schulleitungen und Lehrer*innen darum zu helfen. Lehrer bringen sogar Knäckebrot mit in die Schule, um hungrigen Kindern etwas zustecken zu können. Wenn wir einen Hinweis einer Lehrkraft bekommen, sprechen wir die Schulleitung an. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass Schulen das Problem negiert haben und keine Hilfe wollten. Andere gehen sehr offen damit um und empfangen uns mit offenen Armen. Inzwischen versorgen wir an jedem Schultag 1.100 Kinder an 32 Kitas, Grundschulen und einer Hauptschule in Aachen und dem Umland und bringen auch Pausenbrote an Grundschulen in Köln und Brühl.

EDL: Das ist sicher auch eine enorme logistische Herausforderung. Wie schaffen Sie das?

Monnartz: Wir arbeiten mit sechs Bäckereien zusammen, drei Betriebe sind in Aachen und Umgebung, zwei in Köln und eine in Brühl. Die Bäckereien liefern auch die Brote und Brötchen an die Schulen und Kitas aus.

Morgens zwischen sieben und halb acht werden die Pausenbrote gebracht. Das Verteilen klappt auch in den Schulen super: In einigen tragen die Kinder im Frühstücksdienst die Pausenbrote in die Klasse, bei anderen holen sich Kinder morgens ihr Brot beim Hausmeister ab. Die Schulen geben uns regelmäßig Rückmeldung. Sie sagen uns auch, was die Kinder essen möchten. Mal ist mehr Brot gefragt, mal Brötchen. Auch beim Belag wechselt der Geschmack. Es wird aber immer weniger Schweinefleisch gewünscht. Und in der großen Pause wird gemeinsam mit der Lehrerin oder dem Lehrer in der Klasse gefrühstückt. Auf das Frühstück im Verbund legen wir großen Wert. Deswegen hat der Verein beschlossen, vor allem Kitas und Grundschulen mit Pausenbroten zu versorgen.

Bisher haben wir das Geld immer zusammenbekommen […]. Aber alles wird immer teurer, und wir brauchen mehr Gelder denn je.

EDL: Wie nehmen die anderen Kinder es auf, dass manche aus der Klasse mit Brot oder Brötchen versorgt werden?

Monnartz: Die Kinder freuen sich, dass alle etwas haben. Dass es deshalb zu Problemen kommt, ist uns nicht bekannt. Es ist eher so, dass sich Kinder ausgegrenzt fühlen, die kein Frühstück dabeihaben. Das finde ich erschreckend. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass das klassische Pausenbrot viel mehr leistet, als nur den Hunger zu stillen – ein kleines Brot mit großer Wirkung.

EDL: Wie hat sich die Situation an den Schulen seit Beginn Ihrer Vereinsarbeit verändert?

Monnartz: Der Bedarf an Pausenbroten ist viel größer geworden. Es kommen immer mehr Kinder hungrig in den Unterricht. Und mehr Lehrerinnen und Lehrer bitten um Hilfe. Die Zahl der Kinder ohne Frühstücksbrot steigt stark, viele ernähren sich in der Pause von Schokoriegeln, Süßem vom Bäcker oder auch von zwei Tage alten Cheeseburgern.

EDL: Worin sehen Sie die Ursachen, dass immer mehr Kinder kein Pausenbrot haben?

Monnartz: Viele Eltern sind sicher überlastet, auch finanziell. Und oft sind die Kinder morgens auf sich allein gestellt, weil die Eltern schon bei der Arbeit sind. In den Klassen sind heute mehr Kinder aus Flüchtlingsfamilien, auch sie haben oft kein ausreichendes Frühstück dabei.

EDL: Können Sie immer helfen? Wie gelingt dem Verein die Finanzierung?

Monnartz: Wir arbeiten alle ehrenamtlich. 97 Prozent der Spenden kommen direkt bei den Kindern an, das ist ein herausragender Wert. Zurzeit kalkulieren wir 1,40 Euro für jedes Kind pro Schultag. Das macht bei 1.100 Kindern an 200 Schultagen im Jahr 308.000 Euro. Bisher haben wir das Geld immer zusammenbekommen, auch dank der vielen langjährigen Sponsoren und dank unserer Partner-Bäckereien, die uns sehr entgegenkommen. Aber alles wird immer teurer, und wir brauchen mehr Gelder denn je. Jetzt kommen wir an unsere Grenzen und müssen Schulen absagen. Unser Ziel ist, auch in Zukunft die nötigen Gelder zu generieren, um die Kinder weiterhin mit Pausenbroten versorgen zu können. Es ist schlecht, dass wir da sein müssen, aber es ist gut, dass wir da sind.


Stefan Winandy (li.) und Thomas Jordans (re.), zwei der Gründer von AixConcept, überreichten die diesjährige Spende für breakfast4kids an den 1. Vorsitzenden des Vereins, Achim Monnartz (m.). Foto: AixConcept

Pausenbrote statt Weihnachtskarten

Unterstützung erhält der Verein breakfast4kids unter anderem aus der Nachbarschaft: „Wir engagieren uns bereits seit vier Jahren finanziell“, sagt Stefan Winandy, einer der Gründer des Stolberger Schul-IT-Dienstleisters AixConcept. Das Unternehmen fühlt sich dem Verein nicht nur räumlich verbunden. „Mit unseren Dienstleistungen wollen wir Lehrkräften die schulische Digitalisierung erleichtern, damit sie sich weiterhin auf das Wesentliche konzentrieren können: die Kinder auf die Zukunft vorzubereiten. Wenn einige aber hungrig im Unterricht sitzen, nützt die beste Technik nichts. Lernen können sie dann trotzdem nicht.“ Ganz nach dem Motto „Pausenbrote statt Weihnachtskarten“ verzichtet AixConcept daher auf den Versand von Weihnachtsgrüßen an ihre Kunden und spendet das Geld lieber an breakfast4kids.

Möchten auch Sie helfen oder benötigen Sie Hilfe für Ihre Schüler*innen?

Dann kontaktieren Sie breakfast4kids unter:

Telefon: 0176 – 13675437 (Achim Monnartz, 1. Vorsitzender)
Geschäftsstelle: 02402 – 124410
info@breakfast4kids.de

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