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Persönliches Engagement und Herausforderungen – die Digitalisierung aus Sicht von Schulleitungen

Die technische Ausstattung der Schulen hat sich durch die Corona-Pandemie deutlich verbessert, doch sie allein „macht noch keine Digitalisierung“, mahnt Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE). Er bezieht sich auf die Ergebnisse der VBE-Schulleitungsumfrage, wonach Lehrkräfte mehr Unterstützung benötigen, um digitale Endgeräte im Unterricht einsetzen zu können. Derweil zeigt der „Schulleitungsmonitor Deutschland“ der Wübben Stiftung Bildung, dass viele Schulleitungen sich selbst engagieren, die notwendige Hilfestellung zu bieten.

Eine Internetverbindung im Klassenzimmer, Dienstgeräte für Lehrkräfte und mobile Endgeräte für Schüler*innen gehören seit der Corona-Pandemie zunehmend zur Standard-Ausstattung von Schulen. Gleichzeitig profitierten jedoch nicht alle Schulen in gleichem Maße von diesem Digitalisierungsschwung und der weitere Ausbau scheint zu stagnieren. Das sind einige Ergebnisse der Forsa-Umfrage unter Schulleitungen zur Berufszufriedenheit im Auftrag des VBE, an der bundesweit 1.308 Schulleiter*innen im Herbst 2022 teilnahmen.

Gut zwei Drittel der Schulen verfügten zum Befragungszeitpunkt in allen Klassen- und Fachräumen über einen Zugang sowohl zum Breitbandinternet als auch zum WLAN (66 Prozent). Die überwiegende Mehrheit besaß zudem Klassensätze an Laptops, Tablets oder Smartphones für zumindest einen Teil der Klassen (85 Prozent). Den jeweils höchsten Anstieg in diesen Punkten der Ausstattung verzeichneten die Schulleitungen allerdings bereits zwischen den Jahren 2020 und 2021, die vom pandemiebedingten Distanzunterricht geprägt waren. Dagegen waren im Jahr der Befragung geringere Zuwächse sichtbar. Erstmalig wollte der VBE 2022 von den Schulleitungen wissen, für wie viele Lehrkräfte Dienstgeräte an der Schule zur Verfügung stehen: An etwa zwei Dritteln (68 Prozent) der Schulen gibt es Dienstgeräte für alle Lehrkräfte, an etwa jeder fünften Schule galt dies zumindest für viele Leher*innen (22 Prozent).

Digitalisierung bewirkt einen umfassenden Wandel in der Bildung. Für diesen Wandel müssen die Lehrkräfte fit gemacht werden.

Gerhard Brand, VBE-Bundesvorsitzender

Der eher positiven Entwicklung der technischen Ausstattung der Schulen stellt der VBE die Frage gegenüber, inwieweit Lehrkräfte die digitalen Mittel im Unterricht nutzen können. Die Hälfte der befragten Schulleitungen vertritt die Auffassung, dass Lehrkräfte am Ende ihrer Ausbildung nicht angemessen auf den Einsatz digitaler Endgeräte im Unterricht vorbereitet sind (weniger gut: 37 Prozent, schlecht: 11 Prozent). Gleichzeitig stagniert die Zahl der Lehrkräfte, die schätzungsweise an einer Fortbildung zum Einsatz digitaler Endgeräte im Unterricht teilgenommen hat. Die Anzahl der Schulen, an denen dies schätzungsweise drei Viertel oder mehr getan haben, hat sich innerhalb eines Jahres zuletzt lediglich um zwei Prozentpunkte erhöht. Im Vorjahresvergleich gab es noch einen Zuwachs von 25 Prozentpunkten. „Digitalisierung bewirkt einen umfassenden Wandel in der Bildung. Für diesen Wandel müssen die Lehrkräfte fit gemacht werden“, fordert daher VBE-Bundesvorsitzender Brand und ergänzt: „Dies wohlgemerkt innerhalb der Dienstzeit.“

Schulleitungsmonitor: Förderung des digitalgestützten Unterrichts

Inwiefern Schulleitungen sich selbst engagieren, die unterrichtsbezogene Digitalisierung zu fördern, lässt sich aus dem Schulleitungsmonitor der Wübben Stiftung Bildung ableiten. An der bundesweiten Befragung zur Arbeitssituation und dem Handeln von Schulleitungen in Deutschland beteiligten sich im Herbst 2022 insgesamt 1.007 Schulleitungen allgemeinbildender Schulen aller Schulformen. Von ihnen bestätigte eine deutliche Mehrheit eher (48 Prozent) oder voll (40 Prozent), den Lehrkräften Hilfestellungen bei Schwierigkeiten mit dem Einsatz digitaler Medien zu Verfügung zu stellen. Außerdem stimmten 80 Prozent der Befragten eher (49 Prozent) oder voll zu (31 Prozent), neue Unterrichtsmethoden mit digitalen Medien in der Schule zu thematisieren. Knapp die Hälfte bejahte des Weiteren die Aussage eher (37 Prozent) oder voll (12 Prozent), durch die eigene Unterrichtstätigkeit mit digitalen Medien ein Vorbild für die anderen Lehrkräfte zu sein.

Darüber hinaus zeigen die befragten Schulleitungen laut Studienbericht „eine sehr hohe Innovationsbereitschaft“. Überwiegend glauben sie etwa an das „starke Innovationspotenzial“ ihrer Schule (eher: 53 Prozent, voll: 30 Prozent). Die große Mehrheit gibt zudem an, die Lehrkräfte an der Schule für neue Projekte begeistern zu können (eher: 62 Prozent, voll: 30 Prozent). Zudem haben sie Vertrauen in das Kollegium, gemeinsam pädagogische Projekte an der Schule umzusetzen zu können (eher: 54 Prozent, voll: 39 Prozent). 83 Prozent der Befragten zeigt sich sogar eher (70 Prozent) oder voll (13 Prozent) überzeugt, Innovationen auch gegenüber skeptischen Lehrkräften durchsetzen können.

Verbesserungsbedarf beim IT-Support

Unabhängig von ihrem Engagement und der positiven Selbsteinschätzung im Zusammenhang mit der schulischen Digitalisierung verweisen die Schulleitungen, gefragt nach zentralen Stellschrauben, um Schule zu verbessern, auch auf diesen Entwicklungsbereich. So empfehlen sie – frei in ihrer Antwort –unter anderem eine bessere digitale sowie infrastrukturelle Ausstattung und wünschen sich „mehr Zeit für Führung“, beispielsweise durch „eine (stärkere) Nutzung von IT-Support-Strukturen“.

Der Verbesserungsbedarf mit Blick auf die IT-Administration findet sich auch in der Schulleitungsbefragung des VBE: Demnach sind 30 Prozent der Schulen beim Support der technischen Infrastruktur auf sich allein gestellt. Über Unterstützung durch externe Dienstleister oder zusätzliche personelle Ressourcen können sich bislang lediglich zwei Drittel der Schulen freuen (66 Prozent). „Angesichts des akuten Lehrkräftemangels ist es sehr bedauerlich, dass die Politik eine Chance, Erleichterungen in die Schulen zu bringen, so leichtfertig verschenkt“, kritisiert der VBE-Bundesvorsitzende Brand. Die Wartung technischer Infrastruktur stelle eine enorme zusätzliche Belastung für Schulleitungen und Lehrkräfte dar, für die sie nicht originär ausgebildet seien. „Würde hier zielgerichtet unterstützt werden, könnte zumindest diese Last von den Schultern betroffener Schulleitungen und Lehrkräfte genommen werden.“

Eine professionelle IT-Administration gehöre laut dem VBE-Bundesvorsitzenden neben flächendeckend geschulten Lehrkräften und einer ausreichenden Infrastruktur zu den Voraussetzungen eines sinnvollen digitalgestützten Unterrichts. „Besonders die mittel- und langfristige Perspektive muss stärker in den Fokus gerückt werden“, fordert Brand. „Ohne eine stabile digitale Infrastruktur mit langfristig gesicherter Finanzierung im Bildungsbereich, inklusive technischer Administrations- und Supportstrukturen, kann Digitalisierung nicht funktionieren.“

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