Foto: Shutterstock

Durch Selbstorgansiertes Lernen zum Computerführerschein – Lernspiralen mit MNSpro Cloud

Wie können Lehrkräfte digitale Mittel möglichst sinnvoll für selbständiges Lernen einsetzen? Diese Frage beantwortet Jan Weiss anschaulich an einem Beispiel aus seiner Schule, dem Elisabeth-Selbert-Gymnasium im baden-württembergischen Filderstadt. Als Lehrer für Englisch, Sport und Informatik betreut er dort unter anderem Schüler und Schülerinnen auf dem Weg zum ICDL, dem Internationalen Computerführerschein. Seine Methode: die Lernspirale nach Heinz Klippert.

Das ICDL Zertifikat (International Certification of Digital Literacy) bestätigt Absolventen und Absolventinnen fundierte Kenntnisse in digitalen Kompetenzen, wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Computer und Online Essentials und vielem mehr. (DLGI – Dienstleistungsgesellschaft für Informatik mbH, 2022) In Deutschland werden die Prüfungen durch die „Dienstleistungsgesellschaft für Informatik mbH“ abgenommen und der Kompetenzerwerb bestätigt. Da diese Kompetenzen in keinem Bildungsplan und keinem Unterricht vorkommen oder gelehrt werden, lernen die Schüler:innen am Elisabeth-Selbert-Gymnasium diese im „selbstorganisierten Lernen“ (Herold, 2011) mit Hilfe digitaler Tools über die Lernplattform MNSproCloud.

Was ist eine Lernspirale?

Eine Lernspirale zielt auf nachhaltige Kompetenzförderung ab und ist sehr schülerzentriert. Die Schüler:innen* vertiefen bei dieser Form des Lernens ihre Erkenntnisse über einen Lerngegenstand selbstständig und selbstorganisiert in mehreren Stufen. Deshalb bedarf es zwingend klarer Strukturen und Arbeitsabläufe. Am Elisabeth-Selbert-Gymnasium in Filderstadt werden die Kompetenzen Textverarbeitung und Tabellenkalkulation vertieft und im Detail in einer freiwilligen Arbeitsgemeinschaft in Klasse 10 unterrichtet. Durch die Corona-Pandemie fand diese AG von März 2020 an zunächst im Fernunterricht statt. Diese Unterrichtsform wurde nach den Schulschließungen beibehalten, da sich das Lernen in Lernspiralen im Fernunterricht als sehr erfolgreich und auch gefragt erwiesen hat.

Die Schülerinnen arbeiten im Wochenturnus. Jeden Donnerstag erhalten Sie über die Lernplattform MNSpro Cloud ein sogenanntes Assignment, also eine Aufgabe, die sie selbstständig erarbeiten sollen. Der folgende Arbeitsprozess umfasst ­ angelehnt an die Methode von Heinz Klippert (s. Literaturverzeichnis unten) ­ sieben Phasen, die miteinander verwoben sind: Inputphase, Bearbeitungsphase, Nachhilfephase, Konstruktionsphase, Präsentationsphase, Feedbackphase und Reflexionsphase.

Wie funktioniert der Lernprozess in MNSpro Cloud?

In der Inputphase schauen sich die Schüler:innen ein interaktives Lehrvideo auf Basis von H5P an. Darin wird der Inhalt beziehungsweise die Kompetenz der Woche in einem Lehrervortrag oder von einem Experten dargestellt und erläutert. Zusätzlich werden Struktur und Ablauf der Wochenaufgabe verdeutlicht. Unterbrochen wird das Video durch kleine Bearbeitungsphasen, zum Beispiel durch Quizfragen zur Überprüfung des Verstehens. Wenn der Schüler oder die Schülerin diese korrekt beantworten kann, wird der Input fortgesetzt. Bei falscher Antwort spult das Video zum Beginn der Sektion zurück oder springt zu einer alternativen Erklärung. Diese Nachhilfephase soll in einer Lernspirale helfen, differenziert und individuell jedem Schüler die Menge Input zu geben, die er benötigt. Die Nachhilfephase kann, wenn das Video nicht interaktiv gestaltet ist, auch kooperativ über die Video-Konferenz Funktion in MNSpro als Sprechstunde mit der Lehrkraft oder über den Rückfragen-Kanal im Klassenchat-Modul von MNSpro unter den Mitschülern selbst durchlaufen werden.

In der folgenden Konstruktionsphase bearbeiten die Schüler:innen zumeist textuell und klar strukturierte Aufgaben und Arbeitsabläufe. Diese werden ihnen über das Aufgaben Tool von MNSpro zur Verfügung gestellt. Sie erledigen die Aufgaben in von der Lehrkraft erstellten Vorlagen, dies dient der späteren Feedbackphase. (Die Vorlagen erleichtern der Lehrkraft die Korrektur, da nur die von den Schülern bearbeiteten Teile der Arbeit korrigiert werden müssen.) Die Schüler:innen nutzen dabei die bereits erworbene Kompetenz in der Aufgabe und üben, probieren und trainieren dadurch die Anwendung von Funktionen einer Textverarbeitungs- und Tabellenkalkulationssoftware. Möchten die Schüler:innen mit Lernpartnern kooperieren, bietet sich dafür die Chat-Funktion oder das Video-Meeting-Tool der MNSpro Cloud an.

In der Präsentationsphase bereiten die Schüler:innen ihre Arbeit auf und reichen sie ein. ein. Die Präsentation sollte methodenreich variieren und kann zum Beispiel alleine oder mit einem Mitschüler oder einer Mitschülerin gemeinsam über das „Video-Erstellen-Tool“ erstellt und vorgestellt werden. Dadurch werden die Lerninhalte erneut nachhaltig und vertiefend bearbeitet und aufbereitet. In der anschließenden Feedbackphase gibt die Lehrkraft dazu Rückmeldung oder korrigiert die Inhalte gegebenenfalls. Dies kann klassisch schriftlich, verbal oder auch in Videoform geschehen. Zu guter Letzt findet die Reflexionsphase statt, in der Lernabfragen und Quizformen, die an die ICDL-Prüfung angelehnt sind, auf die spätere eventuelle Zertifikatsprüfung vorbereiten.

Fazit

Selbstorganisiertes, zeitlich offenes, aber durch klare Strukturen und Aufgabenabläufe gesteuertes Lernen motiviert Schülerinnen und Schüler am Elisabeth-Selbert-Gymnasium, über den regulären Unterricht hinaus Kompetenzen für Beruf und Zukunft zu erwerben. Über die Lernspiralen nach Klippert vertiefen sich die Schüler:innen in den jeweiligen Lerngegenstand und bauen dadurch ein relativ tiefgreifendes Wissen, Können und Verstehen auf. Die digitalen Tools rund um MNSproCloud unterstützen und ermöglichen ein individuelles Lernen und schrittweises Vorgehen, das am Ende mit dem Erwerb des ICDL-Zertifikates belohnt und bestätigt wird.

Jan Weiss, Oberstudienrat am Elisabeth-Selbert-Gymnasium Filderstadt

www.schule-weiter-denken.de

Literaturverzeichnis

DLGI – Dienstleistungsgesellschaft für Informatik mbH. (20. 03 2022). ICDL Germany. Von https://www.icdl.de/ abgerufen

Herold, M. (23. 11 2011). Lernen als Selbstorganisation – der Paradigmenwechsel vom fremd- zum selbstorganisierten Lernen. . Lehren und Lernen – Zeitschrift für Schule und Innovation aus Baden-Württemberg, S. 4-10.

Klippert, H. (23. 11 2021). Arbeitsunterricht mit System: die “Lernspirale”. Lehren und Lernen – Zeitschrift für Schule und Innovation aus Baden-Württemberg, S. 11-16.